Parlamentariergruppe zu Gesprächen in Schottland

Schon die letzte Reise der Parlamentariergruppe im Januar 2019 nach London fand kurz vor einem – damals vermeintlichen – Brexit-Termin statt. Doch auch die Reise nach Edinburgh sollte ganz im Zeichen des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU stehen. Die Abreise erfolgte nur einen Tag vor dem nun tatsächlichen Austrittstermin. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere die Schotten den Brexit mehrheitlich nicht gutheißen, galt es, die Beziehungen zu diesem Landesteil des Vereinigten Königreichs zu festigen.

In einem Treffen mit Colin Beattie, dem Vorsitzenden der Cross-Party-Group on Germany im Schottischen Parlament, und Fiona Hyslop, Secretary for Culture, Tourism and External Affairs, äußerten die beiden SNP-Politiker ihr Bedauern über den bevorstehenden Brexit. Hyslop betonte, ihrer Regierung gehe es darum, Schottland in dem bevorstehenden Prozess so nah wie möglich an der EU zu halten, während Beattie die Möglichkeiten in der deutsch-schottischen Zusammenarbeit insbesondere in wirtschaftlichen Fragen und im Energiesektor hervorhob.

Um die Energiepolitik ging es auch bei drei weiteren Terminen der Parlamentariergruppe. In einem Treffen mit Mitgliedern des Committee on Economy, Energy and Fair Work des Schottischen Parlaments berichteten die Abgeordneten beider Seiten von Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Energiewende. Ebenso wie die nordrhein-westfälischen Abgeordneten stellten die schottischen Parlamentarier fest, die Bevölkerung wolle zwar Erneuerbare Energien, aber nur wenige Anwohner tolerierten Stromleitungen vor der eigenen Haustür. Der Vorsitzende des Ausschusses Gordon Lindhurst, Mitglied der Scottish Conservative and Unionist Party, betonte jedoch, Entscheidungen über energiepolitische Fragen würden vor allem in London getroffen. Als Tory-Abgeordneter beschwichtigte er im Hinblick auf den Brexit: „We are not leaving Europe, we are leaving the EU, a political construct.“

Bei einem Besuch bei den Firmen Nova Innovations und vento ludens Limited informierten sich die nordrhein-westfälischen Abgeordneten außerdem über die Möglichkeiten, die Schottland in Sachen „Energiewende“ bietet. So baut etwa Nova Innovations als eines der ersten Unternehmen weltweit auslieferungsfähige Gezeitenkraftwerke, Propellerturbinen, die an Orten mit starker Gezeitenströmung unter Wasser platziert werden. Die Vertreter von vento ludens Limited, einem Unternehmen, das vor allem im Windenergiebereich, aber auch in Sachen „Wasserkraft“ und „Solarenergie“ tätig ist, erläuterten die großen Potenziale Schottlands in Bezug auf Erneuerbare Energien. Große Teile des Landes seien demnach theoretisch für Windkraft geeignet; Power-to-Gas hingegen werde kaum thematisiert, weil das dafür nötige Netz an Gasleitungen fehle.

Weiterhin wurde bei dem Besuch in Edinburgh die Schulpolitik in den Blick genommen. Zu diesem Zweck trafen sich die Abgeordneten mit Vertretern der Schottischen Regierungsadministration, des Kommunalverbands COSLA sowie des Sprachnetzwerks LANGS, die allesamt die Bedeutung der Verbindung Schottlands zur EU betonten. Bei dem Gespräch ging es vor allem um die Frage, wie die Beziehungen zwischen Schulen im Hinblick auf den Schüleraustausch gestärkt werden könnten. Die Schotten erläuterten, es gebe kein nationales Curriculum, und die Schulen entschieden selbst, welche Fremdsprachen dort gelehrt würden. Im Zusammenhang mit der Lehrerausbildung – auch in Fremdsprachen – hoben sie auch die Relevanz der Zusammenarbeit zwischen schottischen und deutschen Universitäten hervor.

Abgerundet wurde die Reise der Parlamentariergruppe durch die Begleitung der Deutschen Generalkonsulin Barbara Quick, die immer wieder tiefgehende Hintergrundinformationen zu den deutsch-schottischen Beziehungen beisteuern konnte. Sie berichtete den Abgeordneten von der politischen Sonderrolle Schottlands innerhalb des Königreichs, dessen Haushalt sich jedoch zum größten Teil aus Londoner Geldern speise. Quick betonte, die Schotten fühlten sich innerhalb der Brexit-Debatte vonseiten der britischen Politik nicht ernst bzw. wahrgenommen – ein Grund für die derzeitige Stärke der SNP, der Scottish National Party.